1974-84: Die Wirtschaft hinkt

Die internationale Ölkrise schafft, was den Überfremdungsinitiativen nicht gelang: über 300‘000 Ausländerinnen und Ausländer müssen die Schweiz verlassen und in ihre Heimatländer zurückkehren. Wegen der wirtschaftlichen Krise gehen zahlreiche Arbeitsplätze verloren – vor allem in der Industrie, wo viele Ausländer arbeiten.

1974: Noch ein Versuch gegen die «Überfremdung»

Nach der ersten Initiative von 1964 und kurz nach der «Schwarzenbach-Initiative» wird 1972 ein dritter Versuch unternommen, die Zahl der Leute mit ausländischem Pass in der Schweiz per Verfassungsauftrag zu reduzieren. Diesmal soll die Zahl auf 500 000 beschränkt werden. Das wären im Jahr 1970 ungefähr 8% der Gesamtbevölkerung gewesen – also noch weniger, als die «Schwarzenbach-Initiative» verlangte.

1974 – jetzt durften in der Schweiz die Frauen mitstimmen! – wurde aber auch diese Initiative in der Volksabstimmung abgelehnt.

1977: Die «Mitenand»-Initiative hat keine Chancen

1977 wurde die sogenannte «Mitenand»-Initiative eingereicht. Im Gegensatz zu den früheren Volksinitiativen fordert sie gleiche Rechte für Ausländer und Schweizer – ausser dass die Ausländer in der Schweiz nicht abstimmen und wählen dürfen. Die Ausländer sollen aber ein Recht auf die Erneuerung ihrer Aufenthaltsbewilligung erhalten, und sie sollen ihre Familien schon bei der Einwanderung in die Schweiz mitbringen dürfen. Zudem verlangt die Initiative die Abschaffung des Saisonnier-Statuts. 1981 wird die Initiative vom Schweizer Stimmvolk mit einem Anteil von 84% Neinstimmen klar abgelehnt.

1980: Flüchtlinge aus der Türkei und aus Zaïre

Ab Anfang der 1980er Jahre nehmen die Asylgesuche von Flüchtlingen aus der Türkei und aus Zaïre zu. In der Türkei hat das Militär die Macht übernommen, und im zentralafrikanischen Staat Zaïre lässt General Mobuto alle verfolgen, die seine Herrschaft ablehnen.

1981: Erstmals ein Schweizerisches Asylgesetz (AsylG)

1954 hatte sich die Schweiz der internationalen Genfer Flüchtlingskonvention angeschlossen. Seither kamen in Krisenfällen immer wieder Flüchtlinge in die Schweiz: Ungarn, Tibeter, Tschechoslowaken, Vietnamesen und Chilenen. Erst 1981 tritt in der Schweiz erstmals ein Asylgesetz in Kraft. Es legt fest, unter welchen Umständen jemand als Flüchtling anerkannt wird und regelt die Rechte und den Aufenthalt der Flüchtlinge.

1982: Gesetzesrevisionen bringen nur wenig Verbesserungen für Ausländer(innen)

Gegen das Saisonnier-Statut

1982 und 1983 macht Italien erneut Druck, um die Rechte ihrer Landsleute in der Schweiz zu verbessern. Seit den 1970er Jahren kommt es zu Kundgebungen, mit denen die Teilnehmenden die Verbesserung der Aufenthaltsrechte und die Abschaffung des Saisonnier-Statuts fordern, wie es auch dieses Bild zeigt. Die Rechte der Ausländer werden in der Schweiz aber nur zögerlich verbessert. 

Quelle: Saro Marretta, aus dem Fundus zum Buch «Piccoli italiani in Svizzera»

Seit 1982 müssen alle Arbeiter und Angestellten – also auch die Ausländerinnen und Ausländer gegen Arbeitslosigkeit versichert werden. Dank dieser Versicherung müssen ausländische Arbeitskräfte nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren, wenn sie ihre Stelle verlieren. Mit dieser Regelung kann die Schweiz die ausländischen Arbeitskräfte nicht mehr als Puffer für den Ausgleich von wirtschaftlichen Schwankungen einsetzen

ANAG-Revision
Das Parlament war 1977 gegen die «Mitenand-Initiative». Diese ging ihr zu weit. Stattdessen arbeitet das Parlament an einer neuen Regelung für den Aufenthalt und die Niederlassung der Ausländer «ANAG». Darin wird eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Migranten in der Schweiz gefordert. Auch soll ihre soziale und berufliche Integration gefördert werden. Ausserdem wird vorgeschlagen, dass Migranten in der Schweiz bleiben dürfen sobald sie 32 Monate hier gelebt und gearbeitet haben. Der Nachzug der Familie soll schon nach einem Jahr möglich werden, falls die Arbeitsstelle weiterhin sicher ist. In der Volksabstimmung sagen 50,4% der Stimmenden Nein zu dieser Verbesserung der Rechte der Ausländer. Das neue Gesetz wird also sehr knapp abgelehnt.

1983: Knauseriges Schweizer Bürgerrecht

Am 4. Dezember 1983 stimmt das Schweizer Volk über 2 Vorschläge ab, die das Bürgerrecht ändern sollen: 

1. Die «Gleichberechtigung im Bürgerrecht» fordert, dass Ausländerinnen, die einen Schweizer heiraten, das Schweizer Bürgerrecht nicht mehr automatischen erhalten. Hingegen sollen Kinder automatisch das Schweizer Bürgerrecht erhalten, wenn ihre Mutter Schweizerin ist und der Vater Ausländer. Sie sollen also also das gleiche Recht wie jene mit einem Schweizer Vater und einer ausländischen Mutter erhalten. 

2. Der zweite Vorschlag betraf die «Einbürgerung junger Ausländer». Junge Menschen, die in der Schweiz aufgewachsen sind, sollen das Schweizer Bürgerrecht schneller erhalten als bisher. Dasselbe soll für Flüchtlinge und Staatenlose gelten. 

Während die erste der beiden Vorlagen vom Schweizer Stimmvolk mit 60,8% Jastimmen angenommen wird, lehnt die Bevölkerung mit 55,2% Neinstimmen die zweite Vorlage ab. Das Schweizer Bürgerrecht bleibt also gegenüber einem Fünftel der Bevölkerung knausrig.

1984: Aufenthaltsrechte der Italiener werden verbessert

1982 und 1983 übt Italien erneut Druck aus, um die Rechte der Italiener in der Schweiz zu verbessern. Die Schweiz ändert deshalb die Aufenthaltsrechte für Ausländer: Die Aufenthaltsbewilligung B, die jedes Jahr erneuert werden muss, kann jetzt statt nach 10 Jahren bereits nach 5 Jahren in eine unbefristete Niederlassungsbewilligung C umgewandelt werden. Und die Familien dürfen schon nach 12 Monaten zum Vater in die Schweiz ziehen, nicht erst nach 15 Monaten.